„Alter“ Tarifvertrag kann Zuschusspflicht ausschließen

30.09.24 13:20

„Alter“ Tarifvertrag kann Zuschusspflicht ausschließen
– BAG-Urteil 20.08.2024 – 3 AZR 285/23 –

Dipl.-Mathematiker Dr. rer. nat. Joachim Lutz


Von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung einschließlich des Anspruchs auf einen Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG (bis zu 15% bei Einsparung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung) kann auch in Tarifverträgen abgewichen werden, die bereits vor Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes zum 01.01.2018 bzw. der gesetzlichen Zuschusspflicht ab 2019 geschlossen wurden. 

§ 19 BetrAVG beinhaltet eine Tariföffnungsklausel, d.h. konkret, dass von bestimmten Vorschriften des Betriebsrentengesetzes in Tarifverträgen – auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer – abgewichen werden kann. Zu diesen Vorschriften zählt auch der § 1a BetrAVG, also das Recht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung und insbesondere die Zuschusspflicht des Arbeitgebers in Höhe von 15% des umgewandelten Entgelts an Direktversicherung, Pensionsfonds oder Pensionskasse, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart (§ 1a Abs. 1a BetrAVG). In dem zu behandelnden Fall stellte sich die Frage, ob ein Tarifvertrag aus einer Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Zuschusspflicht (ab 2019 bzw. 2022 für Bestandsverträge) von der Tariföffnung des § 19 Abs. 1 BetrAVG erfasst werden kann und ob bzw. wie bestehende Zuschüsse angerechnet werden können. 

Die bestehende Versorgung des Klägers wurde über den Pensionsfonds der Metallrente im Wege der Entgeltumwandlung im Jahr 2019 eingerichtet. Rechtliche Grundlage war der seit 2009 geltende Tarifvertrag zur Altersversorgung zwischen dem Landesverband Niedersachsen und Bremen der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und der IG-Metall vom 09.12.2008 (TV AV). Der TV AV gewährt den Arbeitnehmern, die Entgelt umwandeln, einen zusätzlichen Arbeitgeber-Altersversorgungsgrundbetrag in Höhe des 25-fachen des Facharbeiter-Ecklohns. Der Kläger forderte von seinem Arbeitgeber ab 01.01.2022 einen Zuschuss in Höhe von 15% des umgewandelten Gehalts gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG. Die Gehaltsumwandlungsbeträge beliefen sich auf € 245,52 monatlich und € 300,- halbjährlich. Der Arbeitgeber-Altersversorgungsgrundbetrag in Höhe von € 38,48 monatlich wurde zusätzlich in den Pensionsfonds eingezahlt. Der Kläger verlangte also einen weiteren Zuschuss des Arbeitgebers von € 36,83 monatlich (15% von € 245,52) sowie € 45,- halbjährlich (15% von € 300,-). 

Die Klage wurde vom LAG Niedersachsen am 16.10.2023 abgewiesen. Die Revision war auch vor dem Dritten Senat des BAG erfolglos. Die Auslegung von § 19 Abs. 1 BetrAVG ergibt, dass von § 1a BetrAVG abweichende Regelungen auch in vor dem Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetz geschlossenen Tarifverträgen enthalten sein können. 

Die Regelungen des TV AV aus dem Jahr 2008 sehen eine abweichende Regelung i.S.d. § 19 Abs. 1 BetrAVG vor. Dabei ist es unerheblich, dass der Tarifvertrag zeitlich vor Inkrafttreten des § 1a Abs. 1a BetrAVG abgeschlossen wurde. 

Sinn und Zweck des § 1a Abs. 1a BetrAVG ist es, den sozialversicherungsrechtlichen Vorteil, den der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung erlangt, an die Arbeitnehmer weiterzugeben. Wenn die Tarifvertragsparteien eine eigenständige Regelung (Altersversorgungsgrundbetrag im TV AV) zum Umgang mit dem sozialversicherungsrechtlichen Vorteil für die Arbeitgeber treffen oder bereits getroffen haben, reicht dies aus, um den gesetzgeberischen Zweck zu erfüllen. In dem konkreten Fall liegt der Altersversorgungsgrundbetrag des Arbeitgebers im dem bestehenden Alt-Tarifvertrag sogar unter 15% der Entgeltumwandlungsbeträge (Arbeitgeber-Versorgungsgrundbetrag monatlich € 38,48, also jährlich € 461,76); im Vergleich hierzu würde der gesetzliche Zuschuss bei der jährlichen Entgeltumwandlung in Höhe von € 3.546,24 außerhalb des Tarifvertrags € 531,94 betragen. Das heißt konkret, auch eine Anrechnung des im Tarifvertrag vereinbarten Arbeitgeberbeitrags auf den gesetzlichen Zuschuss bei Entgeltumwandlung und Gewährung des übersteigenden Betrags wird nach der höchstrichterlichen Arbeitsrechtsprechung nicht verlangt, der tariflich vereinbarte Arbeitgeber-Versorgungsgrundbetrag ersetzt also den gesetzlichen Zuschuss
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