Abfindung GGF-Pensionszusage zur Abwendung einer Insolvenz

27.03.24 00:01

Abfindung GGF-Pensionszusage zur Abwendung einer Insolvenz keine vGA – FG Münster, Urteil vom 26.05.2023 – 4 K 36/18/18E –

Dipl.-Mathematiker Dr. rer. nat. Joachim Lutz


Die Abfindung einer Pensionszusage eines beherrschenden geschäftsführenden Gesellschafters (GGF), der die in der Pensionszusage vorgesehene Altersgrenze noch nicht erreicht hat, wird von der Finanzverwaltung grundsätzlich als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) eingestuft. Dies trifft in unserer Praxis auch für Fälle der Liquidation der Gesellschaft zu, die Finanzverwaltung argumentiert hier mit der gesellschaftlichen Veranlassung.  In einem konkreten Praxisfall sah die Pensionszusage eine Kapitalisierungsoption für die zugesagte Altersrente vor. Von dieser Option wurde im Rahmen der Liquidation der Firma Gebrauch gemacht. Der GGF war zum Zeitpunkt der Kapitalisierung der Altersrente knapp 64 Jahre alt, eine vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente war aber in der Zusage nicht vorgesehen. Da die feste Altersgrenze von 65 Jahren noch nicht ganz erreicht war, unterstellte das Betriebsstätten-Finanzamt eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung für die Kapitali­sierung 14 Monate vor Erreichen der festen Altersgrenze. Dabei übersieht aber das FA, dass es sich in dem zu beurteilenden Fall um eine Liquidation des pensionsverpflichteten Unter­nehmens handelt, also nicht um den üblichen Fall einer Abfindung einer betrieblichen GGF-Pensionszusage bei Veräußerung des Unternehmens oder Anteilsübertragung von Gesell­schaftsanteilen. Im letzteren Fall geht der BFH davon aus, dass die Abfindung der bestehen­den Pensionszusage gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. 

  

Bei einer Liquidation ergibt sich aber eine abweichende Sachlage. Die operative Tätigkeit des Unternehmens wird eingestellt und die GmbH wird im Handelsregister gelöscht. Eine solche Entscheidung zur Liquidation der Gesellschaft ist ausschließlich betriebswirtschaft­lich begründet, da z.B. bei Fortführung des Unternehmens eine mögliche Insolvenz droht bzw. die Fortführung des Unternehmens aus anderen Gründen nicht realisierbar ist. Somit besteht ausschließlich eine betriebliche – und eben keine gesellschaftsrechtliche - Motivation für die Liquidation der Unternehmung. Die Liquidation kann aber erst abgeschlossen wer­den, wenn alle Verbindlichkeiten des Unternehmens erfüllt bzw. vertraglich abschließend geregelt wurden. Zu diesen Verbindlichkeiten gehören auch betriebliche Pensionsverpflich­tungen in Form unmittelbarer Versorgungszusagen, zu deren Erfüllung sich das Unternehmen verpflichtet hat. Somit zählt hierzu auch die Pensionszusage des früheren, inzwischen ausgeschiedenen geschäftsführenden Gesellschafters. Jedes Hinauszögern des Abschlusses der Liquidation des Unternehmens führt zu zusätzlichen, also erhöhten Kosten und somit zu einer weiteren Entwertung des Unternehmens, also auch mittelbar zu weiteren Wertverlusten des Rückdeckungsvermögens der bestehenden unverfallbaren Pensionszusage. Hieraus ergibt sich eine hohe betriebliche Motivation zur abschließenden und endgültigen Regelung der Pensionsverpflichtung. Wenn sich dann Versorgungsberechtigter und Unternehmen einvernehmlich auf eine Kapitalisie­rung der zugesagten Altersrente verständigen, kann die betriebswirtschaftlich gewünschte Liquidation abgeschlossen werden. Somit liegt für die Kapitalisierung der Altersrente aus­schließlich eine betriebliche Veranlassung und nicht die von der Finanzverwaltung behauptete gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor. An dieser Tatsache ändert auch der Sachverhalt, dass die formale Umsetzung der Kapitalisierung, also die Änderung der bestehenden Pensionszusage durch einen Gesellschafterbeschluss zivilrechtlich umgesetzt wurde, nichts. Gesellschaftsrechtlich war dieser Beschluss auch zwingend notwendig.

  

Eine positive Entscheidung zur Abfindung der GGF-Pensionszusage vor Erreichen der Altersgrenze zur Abwendung einer Insolvenz hat nun auch das FG Münster (Urteil vom 26.05.2023) getroffen.

  

Die GmbH erteilte dem beherrschenden GGF im Jahre 2002 eine Pensionszusage, die eine Altersrente im Pensionsalter 65 nach Ausscheiden aus dem Unternehmen vorsah. Die Altersrente konnte auch vorgezogen ab Alter 60 in Anspruch genommen werden, wenn die Zusage zu diesem Zeitpunkt mindestens 10 Jahre bestanden hat.

  

Die Pensionszusage sah steuerrechtlich zulässige Vorbehalte vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die wirtschaftliche Lage der GmbH nachhaltig so wesentlich verschlechtert, dass ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann.

  

Die Geschäfte der GmbH verschlechterten sich ab 2009 massiv, die Umsätze sanken von € 112.000 (2009) auf € 36.000 (2012) und dies führte zu entsprechenden Verlusten in der Bilanz. Im Jahr 2012 wurde dann mit einem Gesellschafterbeschluss die Pensionszusage zum 01.12.2012 mit € 66.000 kapitalisiert und abgefunden. Mit dieser Kapitalabfindung der zeitanteilig erdienten Anwartschaft auf Altersrente und einem Darlehen des GGF in Höhe von € 13.000 konnte die Insolvenz abgewendet werden. Der GGF war zum Zeitpunkt der Abfindung 55 Jahre alt und die Zusage bestand seit 10 Jahren.

  

Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Jahr 2017 wurde die Abfindungszahlung in Höhe von € 66.000 als vGA qualifiziert. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein und klagte nach Abweisung des Einspruchs vor dem FG Münster. Das FG gab dem GGF Recht und verneinte die vGA. Mit dem Widerrufsvorbehalt, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die wirtschaftliche Lage wesentlich verschlechtert, erkannte das FG eine klare im Voraus getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung an. Somit lag keine vGA auslösende sog. ad hoc Abfindung i.S.d. BFH-Entscheidung vom 11.09.203 (IR 28/13) vor.

  

Die Abfindung hielt nach Meinung des FG auch dem sog. Doppelten Fremdvergleich stand, da sie zur Abwendung einer drohenden Insolvenz vereinbart wurde und ein fiktiver ordentlicher Geschäftsführer der Abfindung auch zugestimmt hätte. Auch ein fremder Dritter hätte nicht bis zum Eintritt der Insolvenz gewartet, sondern hätte auch entsprechend vorher reagiert.

  

Die Revision zu diesem FG-Urteil ist inzwischen anhängig beim BFH (Az. VIII 17/23.

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