Referentenentwurf zum Zweiten Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung

29.09.25 12:31

Referentenentwurf zum Zweiten Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (2. Betriebsrentenstärkungsgesetz – BRSG II)

Dipl.-Mathematiker Dr. rer. nat. Joachim Lutz


Der neue Referentenentwurf zum Betriebsrentenstärkungsgesetz II wurde am 25.07.2025 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgelegt. Wesentliche inhaltliche Unterschiede zum Kabinettsentwurf vom 18.09.2024 der Vorgängerregierung (Ampelkoalition) sind nicht enthalten. Wichtige Regelungen sollen aber später in Kraft treten.

Den Referentenentwurf aus dem letzten Jahr hatten wir ausführlich in unserem LPQ 3-24 behandelt und erläutert. Die wichtigsten Änderungen bzw. Anpassungen gegenüber dem Referentenentwurf des letzten Jahres (positiv wie negativ) ergeben sich aus dem folgenden Überblick:
  • Höhere Abfindungsgrenzen bis zum doppelten Wert bei unmittelbarer Einzahlung der Abfindung zu Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung (neuer Absatz 2a zu § 3 BetrAVG).
  • Vorzeitige Betriebsrente auch bei Teilrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 6 BetrAVG), aber erst ab 01.07.2026 anstelle 01.01.2026 im Kabinettsentwurf vom 18.09.2024.
  • Neuregelung/Verbesserung für Niedrigverdiener (Dynamisierung der Einkommensgrenzen gem.
    § 100 EStG) erst zum 01.01.2027. Die Dynamisierung der Einkommensgrenze (3% der BBG gesetzliche Rentenversicherung) kommt daher leider erst erheblich später.
Lesungen im Bundestag, Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales, sowie 2./3. Lesung im Bundestag sind im Herbst am 09.10., 03.11. und 07.11. terminiert. Zu dem Tempo passt leider nicht so ganz, dass die für die Planbarkeit so wichtige Dynamisierung der Einkommenshöhen vom Niedrigverdienern erst zum 01.01.2027 in Kraft treten soll.

Bisher gilt, dass die Förderung nach § 100 Abs. 3 EStG nur für Arbeitnehmer mit einem Einkommen von maximal € 2.575 monatlich gilt. Das gilt dann leider auch noch bis 01.01.2027. Da diese Grenze fix ist, können Arbeitnehmer bei Gehaltserhöhungen aus der Förderung herausfallen. Die dynamische Grenze der förderfähigen Einkommen von Niedrigverdienern in Höhe von 3% BBG greift dann erst zum 01.01.2027 mit der BBG 2027.
Unverändert bleibt die Voraussetzung des Abs. 3 Nr. 5, dass nur ungezillmerte Tarife im Rahmen der Förderung von Geringverdienern angeboten werden dürfen. Damit wird die vertriebliche Umsetzung erschwert, obwohl gerade in diesem Segment der bAV die vertriebliche Begleitung und Unterstützung von großer Bedeutung ist.

Die neue Bundesregierung wird also aktiv im Bereich Rente, einem der größten Probleme, die es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu lösen gilt. Teil des Rentenpakets ist das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSGII), das die betriebliche Altersversorgung fördern soll. Insbesondere soll es kleinen und mittleren Firmen erleichtert werden, Betriebsrenten anzubieten. Dies gilt sowohl im Rahmen von Betriebsvereinbarungen als auch auf tarifvertraglicher Basis.
Außerdem sollen Vorschriften für Pensionskassen flexibilisiert werden, um mit risikoreicheren Kapi-talanlagen höhere Renditen erzielen zu können. Ebenso sind einfachere Opting-out Modelle vorgesehen, bei denen Arbeitnehmer aktiv einem Angebot auf betriebliche Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung widersprechen können.

Kernstück ist gegenüber der bisherigen Regelung ein erweitertes Opting-out Modell im neuen Abs. 3 des § 20 BetrAVG: Beschäftigte nehmen automatisch an der Entgeltumwandlung teil, sie können aber widersprechen. Voraussetzung ist ein Arbeitgeberzuschuss von mindestens 20% auf den umgewandelten Lohn. Im Gegensatz zu dem Zuschuss bis 15% des § 1a Abs. 1a BetrAVG ist die gesetzliche Höchstgrenze des neuen Zuschusses nicht durch die SV-Ersparnis des Arbeitgebers gedeckelt. Der 20% Arbeitgeberanteil ist gem. § 1 b Abs. 5 Satz 1 BetrAVG-E sofort gesetzlich unverfallbar. Der gesetzliche Zuschuss in Höhe von bis zu 15% nach § 1a Abs 1a BetrAVG ist damit abgegolten. Sämtliche fünf Durchführungswege der bAV können in die neue Zuschussregelung einbezogen werden, sodass der Arbeitgeberzuschuss von 20% über den Umweg Opting-out im Gegensatz zu § 1a Abs. 1a BetrAVG auch bei unmittelbaren Pensionszusagen und Unterstützungskassen verpflichtend wird. 

Es soll - anders als im bisherigen Referentenentwurf geplant - zu einer Evaluierung der geplanten Maßnahmen kommen. Gem. § 30a BetrAVG-E wird das BMAS bis 2030 untersuchen, ob die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung auch aufgrund der vorgesehenen Öffnung von Sozialpartnermodellen erkennbar gestiegen ist.

Ab 01.07.2026 können Arbeitnehmer gem. § 6 BetrAVG auch Betriebsrenten vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn sie nur eine Teilrente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen wollen. Diese Möglichkeit war bislang an den Bezug einer gesetzlichen Vollrente geknüpft. Bestehende betriebliche Regelungen zum Abruf vorgezogener Altersrenten werden durch das Gesetz aber nicht automatisch außer Kraft gesetzt. Vielmehr müssen bestehende Versorgungsordnungen oder Betriebsvereinbarungen überprüft und ggf. angepasst werden. Hierzu bieten wir Ihnen gerne unsere Unterstützung an. 

Von verschiedenen Branchenverbänden liegen nun – überwiegend positive – Statements zu den Planungen der Bundesregierung und dem Referentenentwurf vor.

Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) wächst die Bedeutung der kapitalgedeckten Zusatzvorsorge angesichts des demografischen Wandels. Daher ist es aus Sicht der Versicherer richtig und wichtig, Betriebsrenten besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen zu stärken, da man hier bislang nur eine geringe Verbreitung antrifft. Gleiches gilt auch grundsätzlich für Beschäftigte mit geringem Einkommen Der geplante Ausbau der Förderung bei Geringverdienern und die Kopplung der Verdienstgrenzen an die Bemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung stellen hierfür wichtige Maßnahmen dar, auch wenn sie jetzt zeitlich ein Jahr verschoben werden sollen. Positiv sei auch, dass die Reform nicht auf Sozialpartnermodelle beschränkt werden soll, da somit mehr Betriebe erreicht werden können, also auch solche ohne Tarifbindung. Kritisch sieht der GDV aber, dass die Opting-out Modelle auf Unternehmen ohne Tarifvertrag beschränkt werden sollen: „Die Einschränkung nimmt einer sinnvollen Maßnahme den Wind aus den Segeln. Es sollten möglichst viele Unternehmen – auch tarifgebundene – involviert werden“, so Moritz Schumann, stellvertretender GDV-Hauptgeschäftsführer. Kritisch wird von den Versicherern auch beurteilt, dass die hohen Mindestbeitragsgarantien nicht abgesenkt werden sollen. Lediglich Pensionskassen sollen chancenreicher anlegen dürfen, was aus der Sicht des GDV nicht reiche. Stattdessen sollten die Garantien bei Kapitalanlagen von heute 100% auf 80% gesenkt werden.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) hält zahlreiche Ansätze im Rentenentwurf für sehr geeignet, die Durchdringung und auch Wirksamkeit der betrieblichen Altersversorgung zu verbessern. Er äußert sich aber auch zu einigen Punkten, die aus seiner Sicht noch einer Anpassung bedürfen. So sollte z.B. nicht nur die Einkommensgrenze für Geringverdiener, sondern zusätzlich der Förderbeitrag selbst dynamisiert werden (z.B. ebenfalls Kopplung an die BBG). Außerdem empfiehlt der BDMV, das Opting-out auch ohne entsprechende Dienst- oder Betriebsvereinbarung zuzulassen, da solche Vereinbarungen in vielen kleinen und mittleren Unternehmen gar nicht existieren.

Auch der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. begrüßt den Regierungsentwurf ausdrücklich, insbesondere die vorgesehene Öffnung des Sozialpartnermodells und die Einführung von Optionsmodellen für tarifungebundene Unternehmen.

Aktuelle Entwicklungen der gesetzlichen Rentenversicherung


Der kürzlich veröffentlichte Jahresbericht der gesetzlichen Rentenversicherung zeigt Entwicklungen bei Beiträgen und Renten auf. Die Beitragseinnahmen erzielten einen Zuwachs von 5,6% gegen-über dem Vorjahr und betrugen 2024 € 305,9 Mrd. - dank Rekordbeschäftigung und steigender Löhne. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erreichte im Oktober 2024 sogar einen historischen Höchststand von 35,2 Millionen. Die Ausgaben stiegen jedoch stärker als die Einnahmen, sodass der Bundeszuschuss auf € 87,8 Mrd. erhöht werden musste. 

Im vergangenen Jahr haben 1,5 Millionen Menschen ihre Rente erstmals abgerufen, sodass die Zahl der Rentenbezieher im Jahr 2024 auf 21,5 Millionen gestiegen ist. Das Durchschnittsalter beim ersten Rentenbezug stieg von 62,3 Jahren (2000) auf 64,7 Jahren (2024). Grund für den Anstieg des Rentenalters sind höhere Altersgrenzen und das Auslaufen vorgezogener Renten, die früher schon ab 60 möglich waren.

Zum Jahresende 2024 lagen die Rentenzahlbeträge über alle Rentenarten im Durchschnitt 4,7% über dem Vorjahr, dank der Rentenanpassung von 4,57% zum 01.07.2024. Zum 01.07.2025 wurden die Renten nochmals um 3,74% angepasst.

Mit dem Beschluss zum Rentenpaket 2025 soll die gesetzliche Rente bis 2031 auf einem stabilen Niveau von 48% des Durchschnittslohns garantiert werden. Außerdem wird die Mütterrente ausgeweitet, für alle Kinder mit Geburtsjahrgang vor 1992 werden nun ebenfalls drei Jahre Kindererziehungszeit angerechnet (wie heute schon bei später Geborenen).

Der Referentenentwurf zu den Rechengrößen 2026 liegt ebenfalls inzwischen vor. Danach sind deutliche Anhebungen bei den Beitragsbemessungsgrundlagen in Kranken- und Rentenversicherung zum 01.01.2026 geplant. Vor Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt müssen die Werte aber noch von der Bundesregierung beschlossen werden (i.d.R. eine reine Formalie).

Die jährliche BBG in der Renten- und Arbeitslosenversicherung soll zum 01.01.2026 auf € 101.400 (2025 € 96.600) steigen, somit monatlich von € 8.050 auf € 8.450.

Die Bezugsgröße § 18 SGB IV steigt von € 44.940 auf € 47.460 (Monatswerte von € 3.745 auf € 3.955). Dieser Wert hat z.B. Bedeutung für die Zulässigkeit von Abfindungen/Kapitalisierungen betrieblicher Altersrenten, die gem. § 3 BetrAVG bis zu 1 % der Bezugsgröße § 18 SGB IV (Bagatellgrenze) einseitig durch den Arbeitgeber abgefunden werden können. Somit können im nächsten Jahr Altersrenten bis monatlich € 39,55 abgefunden werden (Jahreswert € 474,60).

Die BBG in der Kranken- und Pflegeversicherung steigt 2026 von € 66.150 auf € 69.750. 

Auf Basis dieser angepassten Rechengrößen ergeben sich z. B. folgende Verbesserungen in der betrieblichen Altersversorgung:
Recht auf Entgeltumwandlung bis 4% BBG (§ 1a Abs. 1a BetrAVG) führt zu einer Erhöhung des Beitrags bis € 4.056 p.a. (Vorjahr € 3.864); 8% BBG lohnsteuerfreier Förderrahmen nach § 3 Nr. 63 EStG für Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds führt zu lohnsteuerfreien Bei-trägen von bis zu € 8.112 (Vorjahr € 7.728). 

Die Höchstgrenzen für die gesetzliche Insolvenzsicherung (§ 7 Abs. 3 Satz 1 (Rente) bzw. Satz 2 BetrAVG (Kapital)) betragen ab 01.01.2026 € 11.865 Monatsrente bzw. € 1.423.800 Versorgungs-kapital.
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