Neue handelsrechtliche Bewertung von rückgedeckten Pensionszusagen
Neue handelsrechtliche Bewertung von rückgedeckten Pensionszusagen
Zum Auslegungshinweis IDW RH FAB 1.021 hatten wir in der jüngeren Vergangenheit bereits berichtet, ua in unserem Newsletter Ausgaben 1/2022 und 3/2022 sowie in einer Rundmail im September 2022. Demnach wird für Jahresabschlüsse (erstmals zum 31.12.2022) eine in vielen Fällen angepasste Rechnungssystematik für Pensionszusagen gefordert, die mit Rückdeckungsversicherungen (RDV) hinterlegt/abgesichert sind.
Der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat sich in einem Projekt mit der handelsrechtlichen Bewertung rückgedeckter Pensionszusagen beschäftigt und im April 2021 einen Rechnungslegungshinweis ( IDW RH FAB 1.021) verabschiedet, in dem die bisherige Bilanzierungssystematik hinterfragt und als nicht mehr testierfähig – außer in begründeten Ausnahmefällen – eingestuft wird. Es sind insbesondere die Unternehmen von der Anwendung des IDW-RH betroffen, welche prüfungspflichtig sind.
Unternehmen unterliegt der Prüfungspflicht bei Überschreitung von 2 der 3 in § 267 Abs. 1 HGB genannten Kriterien:
- Bilanzsumme: > € 6 Mio.
- Jahresumsatz: > € 12 Mio.
- Mitarbeiter: > 50 (im Jahresdurchschnitt)
Eine gesetzliche Verankerung für die Anwendung des IDW-RH ist uns nicht bekannt. Betroffen ist außerdem ausschließlich die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen, die mit aktiven Rückdeckungsversicherungen (RDV) finanziert werden. Grundsätzlich nicht betroffen ist die Bilanzierung nach § 6a EStG (Steuerbilanz).
Sofern aktive RDV zur Finanzierung der zugesagten Versorgungsleistungen bestehen, kann die Bewertung , inwieweit eine Anwendung des IDW-Hinweises bei der handelsbilanziellen Bewertung im jeweiligen Fall berücksichtigt werden muss, am besten durch den Steuerberater/Wirtschaftsprüfer erfolgen . Die Beurteilung und Entscheidung, ob die Anwendung grundsätzlich zB aufgrund einer bestehenden Prüfungspflicht oder anderer Gründe (Gläubigerschutz) erforderlich ist, kann mangels Kenntnis aller Unternehmenskennzahlen nicht durch das Gutachterbüro erfolgen.
Nach ersten Erfahrungen mit der Anwendung von IDW RH FAB 1.021 hat diese uU große Auswirkungen auf die handelsrechtliche Rückstellung.
Für den Bilanzansatz lässt der Rechnungslegungshinweis zwei Alternativen zu:
- Das Aktivprimat , bei dem die Aktivwerte der zu berücksichtigenden Rückdeckungsversicherungen unverändert bilanziert werden, und die Erfüllungsbeträge zwecks Berücksichtigung unterschiedlicher Zahlungsströme in geeigneter Weise modifiziert werden.
- Das Passivprimat , bei dem die Erfüllungsbeträge der Pensionsverpflichtungen wie bisher nach handelsrechtlichen Vorschriften ermittelt werden und die Berücksichtigung unterschiedlicher Zahlungsströme durch eine geeignete Modifikation der Aktivwerte erfolgt.
Die Anwendung des Passivprimats hat uE die Nachteile, dass
- Die Modifikation der Aktivwerte wird nicht durch das Versicherungsunternehmen geeignet durchgeführt wird – hier ist dann die Ermittlung durch das Gutachterbüro erforderlich – dessen Kernaufgabe jedoch die Bewertung der Verpflichtung ist.
- Durch die Modifikation des Aktivwertes entsteht eine weitere Diskrepanz zwischen steuer- und handelsbilanziellem Ausweis, da der Aktivwert in der Steuerbilanz gemäß Nachweis des Versicherungsunternehmens gebucht werden muss.
Aus diesem Grund schlagen wir als Gutachterbüro - sofern die Anwendung des IDW-RH erforderlich ist - grundsätzlich die Anwendung des Aktivprimats vor.
Was sind die Hintergründe und Voraussetzungen für die Anwendung von IDW RH FAB 1.021?
Durch die Anwendung sollen (teilweise) gleichlaufende Zahlungsströme – hauptsächlich in der Leistungsphase, jedoch auch in der Finanzierungsphase – bei der Rückdeckungsversicherung und der Pensionsverpflichtung auch gleich bewertet werden. Gleichlaufende Zahlungsströme liegen in der Leistungsphase vor, wenn sowohl die Rückdeckungsversicherung als auch die Pensionszusage entweder Renten- oder Kapitalleistungen vorsehen. Hierbei wird vorrangig die Altersleistung betrachtet. Gleichlaufende Zahlungsströme in der Finanzierungsphase sind wünschenswert, in der Praxis jedoch häufig nicht gegeben. Wie hierbei verfahren werden kann, wird im Folgenden noch erläutert.
Definitiv nicht anzuwenden ist der Rechnungslegungshinweis (trotz vorhandener RDV) in folgenden Fällen:
- die Rückdeckungsversicherung ist fonds- oder indexgebunden (hier liegt kein definierter Zahlungsstrom in der Leistungsphase vor)
- Die Zahlungsströme in der Leistungsphase sind vollständig nicht gleichlaufend
- Es liegt eine abweichende Verwertungsabsicht vor, dh die Leistungen der RDV werden nicht zur Finanzierung der Versorgungsleistungen, sondern anderweitig verwendet
- es liegt eine versicherungsgebundene Pensionszusage vor; dh die Versorgungsleistungen werden durch die Versicherungsleistungen definiert (hier bleibt es bei dem bisherigen Bilanzansatz)
Wie kann eine geeignete Modifikation der Erfüllungsbeträge erfolgen?
Zu diesem Thema hat der Fachausschuss Altersversorgung der Deutschen Aktuarvereinigung in dem Ergebnisbericht „Aktuarielle Umsetzung des IDW Rechnungslegungshinweises IDW RH FAB 1.021 zur handelsrechtlichen Bewertung von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus rückgedeckten Direktzusagen“ Stellung ausführlich genommen. Hier stellt er in der Anlehnung an den Rechnungslegungshinweis drei mögliche Verfahren vor:
- das basierte Faktor-Erfüllungsbetragsverfahren
- das basierte faktor Deckungskapitalverfahren und
- das zahlungsstrombasierte Verfahren
Wir bevorzugen die Anwendung des faktorbasierten Deckungskapitalverfahrens und, sofern sich sowohl die Pensionszusage als auch die Rückdeckungsversicherung bereits in der Leistungsphase befinden, das zahlungsstrombasierte Verfahren. Unabhängig vom angewandten Verfahren benötigen wir hierzu folgende Informationen:
- den Aktivwert der Rückdeckungsversicherung
- den Garantiezins der Rückdeckungsversicherung
- die zum Bilanzstichtag deklarierte Überschussbeteiligung bzw. Die zum Bilanzstichtag deklarierte Gesamtverzinsung
- die der RDV in der Berechnung zugrunde liegende Rechnungsgrundlage (Sterbetafel)
- die garantierte Versicherungsleistung (inkl. der zum Bilanzstichtag gutgeschriebenen Leistungen aus Überschussbeteiligung)
Die Informationen zu allen Punkten kann das Versicherungsunternehmen liefern (Aktivwertmitteilung des Versicherungsunternehmens (Punkt 1., teilweise auch 2., 3., 4.), Versicherungsschein bzw. die gemäß Versicherungsvertragsgesetz alljährlich zu erstellende Versicherungsauskunft für Punkt 5.). Fehlende Informationen sollten beim Versicherungsunternehmen nachgefragt werden.
Falls zur Finanzierung der zugesagten Leistungen aus einer Pensionszusage mehrere Rückdeckungsversicherungen bestehen, benötigen wir die vorgenannten Informationen zu jeder Versicherung.
Da die Umsetzung der Anwendung von IDW RH FAB 1.021 für uns aufgrund der geschilderten Komplexität mit einem deutlichen Mehraufwand im Vergleich zur bisherigen Bewertungspraxis verbunden ist, bitten wir um Ihr Verständnis,
- dass eine Verlängerung des Bearbeitungszeitraumes unvermeidlich ist und
- dass wir den erhöhten Bearbeitungsaufwand wie in folgender Rechnung stellen:
- Einmalig : für die Prüfung und Einrichtung der geänderten Bewertung erfolgt die Abrechnung auf Stundenbasis zu einem Satz von € 190,00 je Stunde zzgl. ges. MwSt.
- Sowie die regelmäßige Anwendung (inkl. Folgebewertungen) durch einen aufwandsabhängigen Honoraraufschlag im Regelfall in Höhe von 25 % - 35 % des bisherigen Gutachten-Honorars.
